2. Mai 2016 vk.admin

Diese Aussage macht dich frei: „Es gibt weder Stärken noch Schwächen!“

Ziele2

Wir alle kennen das Stärke-Schwäche-Denken, zum Beispiel der Personaler von Unternehmen. So wird wohl in jedem Bewerbungsgespräch nach diesen beiden Eigenschaften gefragt. Stärken und Schwächen sind jedoch neutrale Wesensmerkmale. Stärken und Schwächen sind nur neutrale Wesensmerkmale. Hinter ihnen verbirgt sich was viel Wichtigeres: Deine Persönlichkeit.

Dieser Artikel soll dir aufzeigen, dass die Stärke-Schwäche-Kategorien lediglich eine gesellschaftliche Konstruktion sind. Denn es bringt nichts, sich mit Anderen zu vergleichen und nach einer Stärke- und Schwächeordnung zu leben. Viel wichtiger ist es, seine persönlichen Fähigkeiten zu erkennen, sich auf sie zu konzentrieren und an ihnen zu arbeiten. Damit du diesen Prozess besser verstehst, wird sich in diesem Text am Beispiel von Stefan entlang gehangelt, einem in seiner Jugend als schlecht und schwach abgestempelten Hobbyfußballer.

Jede Stärke ist eine Schwäche und jede Schwäche eine Stärke.


Stefan ist ein sensibler Mensch, der Kommentare zu oder Kritiken an seinem Handeln, schnell mal persönlich nimmt. Nach einem verlorenen Fußballspiel am Anfang der Saison, sagte sein Trainer zu ihm, er solle als Verteidiger doch aggressiver in die Zweikämpfe gehen. „Du spielst echt wie ein Mädchen !“ und „Wir wollen dieses Jahr was reißen!“, fügte er dem hinzu. Stefan nahm diese Kritik sehr persönlich und fraß sie in sich hinein. Sein Spiel besserte sich nicht, denn seine Motivation lag am Boden. Nach ein paar Spielen verlor er seinen Stammplatz und wurde vom Trainer auf die Bank gesetzt. Seine Zweifel an seinem Können stiegen und er sah sich als zu schwach für das Fußballteam an.


An dieser Stelle blieben Stefan vier Optionen. Entweder er würde sich a) mit seiner Rolle als Bankdrücker abfinden und es dabei belassen, b) er hätte härter trainieren und damit an seinen Fähigkeiten arbeiten können, c) hätte er sich eine andere Position auf dem Feld suchen können und d) blieb ihm die Wahl, aus der Mannschaft auszutreten und/oder sich nach einem anderen Sport umzusehen.

Um eine bewusste Entscheidung treffen zu können, bedarf es dir einem Maß an Selbstreflektion. Dazu gehört, zum Beispiel, deine Eigenschaften zu erkennen, bzw. im ersten Schritt, das Erkennen zu lernen. Denn die Ursache für Scheitern in jeglicher Hinsicht, ist meistens ein geringes Selbstvertrauen. Zum Leben gehört neben dem praktischen „Was machen“ und „Ja zu etwas zu sagen“, auch „Nein“ zu sagen.

Doch manche Menschen besitzen nicht den Mut, letzteren Schritt zu wagen. Denn sie sind sich ihrer selbst gar nicht bewusst, sondern nehmen das, was Andere ihnen sagen und vorschreiben, als einzige Wirklichkeit hin. „Sich deines Selbst bewusst werden“, hat dabei mit deiner Persönlichkeitsentwicklung zu tun. Und Entwicklung bedeutet immer auch Training und Übung. Sensible Menschen werden bei Aussagen gegen ihre Person – und seien sie noch so milde – oftmals eingeschüchtert und sind dann nicht in der Lage, sich zu wehren. Eben weil die Emotionen sie regelrecht überfallen und lähmen. Sie ziehen sich in der Folge zurück und versuchen nicht, sich gegen die „Aggressoren“ aufzulehnen und sich selbst ins rechte Licht zu rücken.

Hinzu kommen dann menschliche Gefühle, wie Neid oder Eifersucht, aufgrund derer sich der ein oder andere selbst bemitleidet. Dabei machst du dich überaus abhängig von den Handlungen anderer und gibst ihnen Macht über deinen mentalen und emotionalen Zustand. Viel wichtiger sollte es dir sein, dir deiner selbst bewusst zu werden, welche Dinge dir liegen und von welchen du lieber die Finger lässt. Das kann Sport, die Arbeit oder auch Freunde und PartnerInnen betreffen. Letztlich hast du immer die Wahl, dich zu entscheiden.


Nachdem Stefans Trainer ihm noch einige Male verklickerte, dass er wirklich kein guter Feldspieler sei und ihn auf der Bank schmoren ließ, entschied Stefan sich, aus dem Verein auszutreten. Er erkannte, dass der Fußball wohl einfach nicht sein Ding war. Fortan widmete er sich dem Tennis. Hier konnte er glänzen, denn sein Ballgefühl – das erkannte er allmählich – steckte nicht in seinen Füßen, sondern in seinen Händen. Stefan wurde ein guter Tennisspieler und bekam später sogar ein Angebot eines Trainers, seine Tennisakademie zu besuchen. Stefan wollte den ersten Schritt in Richtung Professionalität jedoch nicht machen und lehnte ab.

Einige Zeit danach, lernte er Jungs aus einer Clique kennen, der er sich bald darauf anschloss. Zentrales Sportthema bei ihnen war: Fußball. Stefan wurde wieder mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Jedoch waren die Bedingungen diesmal andere. Eines Sonntag Nachmittags, beim freundschaftlichen Gebolze, fehlte ein Torwart für das zweite Team. Stefan meldete sich freiwillig. Zu diesem Zeitpunkt wusste er noch nichts von seinem Können.

Nach dem Spiel gab es einige Kommentare von einige Freunden, dass er seine Sache ganz gut gemacht habe. Das motivierte ihn. So stellte er sich immer wieder beim Sonntagskick ins Tor. Nebenbei bildete er sich autodidaktisch im Torwartspiel weiter. Stefan schaute Lehrvideos, beobachtete die professionellen Torhüter und versuchte die gesehenen Dinge für sich umzusetzen. Mit der Zeit begriff er, dass damals im Verein nicht der Fußball an sich das Problem war, sondern einfach nur die Rolle, die er dort einnahm.


Anhand der Geschichte wird dir hoffentlich folgendes klar: Die Rollen, in die du – durch welche Umstände auch immer – gerätst, müssen nicht ein Leben lang die gleichen sein. Es gibt immer Wege und notfalls auch die Reißleine, die du ziehen kannst. Stefan suchte sich seinen eigenen Weg. Dieser wurde durch die positiven Rückmeldungen seiner Freunde und weiterer Leute, die ihn als guten Torwart bestätigten, gefördert. Doch nicht nur im Sport hatte er anfangs Schwierigkeiten. Auch auf seiner Arbeit gab es und gibt es immer wieder neue Herausforderungen, denen er sich und auch wir uns stellen können.


Nachdem Stefan als Auszubildender übernommen wurde, wollte seine Vertriebschefin, dass er jeden Montag eine Präsentation zur wöchentlichen Vertriebsentwicklung vor seinen Abteilungskollegen hält. Und wenn es etwas gab, das Stefan nicht mochte, dann war es vor größeren Gruppen zu reden. Im Bewerbungsgespräch vor seiner Ausbildung gab er dies auch als Schwäche an. Doch jetzt war der Zeitpunkt gekommen, an dem er sich durchbeißen musste und wollte. Er fragte seine Freundin, ob er die ersten Präsentationen vor ihr zur Probe halten könne. Sie sagte „Klar!“. So konnte er für die Präsentation üben und an seiner vermeintlichen Schwäche arbeiten.

Bei seiner ersten Präsentation teilte er seinen Kollegen in der Einleitung dann mit, dass er bisher nicht so oft Vorträge gehalten habe und sie ihm etwaige Fehler doch bitte verzeihen mögen. Je häufiger Stefan seine Präsentationen hielt, um so sicherer und selbstbewusster wurde er darin. So machte er seine vermeintliche Schwäche zu seiner Stärke. Ihm wurde zum Beispiel auch klar, dass er sich viel zu sehr von den Gesichtsausdrücken seiner Zuhörer irritieren ließ. Doch solange niemand eine Frage stellt, das sagt er sich immer wieder, ist ja wohl alles in Ordnung.


Deinen eigenen Weg zu finden und abseits vom Stärke-Schwäche-Denken dich auf deine Eigenschaften zu fokussieren, kann dich befreien. Stefan wurde mit einer weiteren Schwäche, dem Präsentieren, konfrontiert. Natürlich hätte er den Vorschlag von seiner Chefin auch ablehnen können, wollte aber lieber daran arbeiten. Denn es bringt nichts, sich klein zu machen und/oder sich klein machen zu lassen. Wir müssen stets aufpassen, mit was oder mit wem wir uns vergleichen. Zum Abschluss noch ein Beispiel aus Stefans Privatleben.


Lydia, seine Freundin, ist eine sehr selbstbewusste und extrovertierte Frau. Sie ist etwas jünger als Stefan und arbeitet für ein Logistikunternehmen. Nach ein paar Wochen Partnerschaft erkannte er bereits, dass sie – im Gegensatz zu ihm – oft unter Menschen und abends öfter ausgehen möchte. Ihr aktives Verhalten imponierte ihm, doch irgendwas störte ihn auch daran. Stefan merkte mit der Zeit, dass er, seitdem sie die Beziehung führten, insgeheim auch so sein möchte. Denn Lydia war sehr beliebt.

Stefan hatte Neidgefühle und fühlte sich minderwertiger als seine Freundin. Als er eines Abends bei einem Bier mit seinem besten Freund Sven saß, erzählte er ihm von dieser Ungleichheit. „Wenn ich mich so mit Lydia vergleiche, fühle ich mich schon echt schwächlich. Wir sind so gegensätzlich. Sie so offen, ich so schüchtern. Was denken die Leute wohl von mir? Und ich weiß nicht, ob das gut mit uns geht.“.

Sven, ein direkter und ehrlicher Mensch, antwortete ihm: „Nu mach dich doch nicht schlechter als du bist. Hör auf dich mit ihr zu vergleichen! Nur weil du ein ruhiger Typ bist, bist du doch kein Schwächling. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass Lydia – wie auch ich – das als Stärke sehen. Und das du vielleicht ihr Gegenpol oder so was bist.“ – „Ja, stimmt. Das sagte sie neulich mal. Das sie in meiner Anwesenheit zur Ruhe kommen kann und sich entspannt fühlt.“


Jede Stärke ist eine Schwäche und jede Schwäche eine Stärke.

Wie du an diesem letzten Beispiel siehst, stand sich Stefan selbst im Weg. Er hat seine eigene Vorstellung davon, was Stärke und was Schwäche ist. Wie wir alle. Sven zeigte ihm aber auf, dass sein ruhiges Verhalten nicht gleich schwach bedeutet.

Um zufriedener im Leben zu sein, kommt es also darauf an, dir deiner Eigenschaften bewusst zu werden und sie neutraler zu betrachten. Der Zusammenhang und die Situation sind stets von Bedeutung. Du kannst dann wählen, wo und wann du welche Eigenschaft, wie einsetzt. Jede Stärke ist also eine Schwäche und jede Schwäche eine Stärke. Auch wenn uns dieses Denken nicht immer gelingt und wir manchmal auf die Hilfe von Anderen angewiesen sind.

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Kommentare (8)

  1. Andreas Horak

    Herzlichen Dank für diesen sehr inspirierenden Beitrag! Es ist tatsächlich so, dass vieles im Auge des Betrachters liegt. Und es ist mal wieder ein Anlass über seine Meinung von sich selbst nachzudenken.
    Noch mal danke. Ich wünsche Allen eine recht schöne und erfolgreiche Zeit!
    Andreas

  2. Dagmar

    Danke fuer den Impuls,nochmal anders auf die Dinge zu schauen. Es ist wirklich erstaunlich,wie man Schwächen auch zu seinen Stärken machen kann.Danke für den heutigen Hinweis-hab heute dadurch auch aus einem vermeintlichen Fehler lernen dürfen-haette mich wahrscheinlich noch lange runter gezogen,aber so hab ich es umgedreht und gesagt, dass dadurch die 1.Hürde schon genommen ist und so konnte ich mich wieder den positiven Dingen zuwenden.
    Danke und weiterhin alles Gute
    Lieben Gruß
    Dagmar

  3. Ralf

    Sehr schöner Beitrag der einmal wieder zum Andersdenken und Draufschauen anregt.

  4. Stefan Vogl

    Hallo Frau und Herr Knehr,

    vielen Dank für den inspirierenden Artikel!
    Bei dieser Erzählweise kann man sich wunderbar in den Kopf von Stefan hineinversetzen und seine Gedanken und Gefühle spüren.

    Ich selbst ertappe mich oft dabei wie ich mir von anderen vorschreiben lasse was meine Stärken und Schwächen sind. Probleme macht das vor allem dann, wenn ich es einfach zulasse und nicht kritisch hinterfrage. Denn genau dann bestimmt das Urteil eines anderen mein Bild von mir. Dabei kann er weder mich noch meine Motivationen genau kennen.
    Beginnt man aber diese Urteile kritisch zu beleuchten, dann wird einem schnell klar dass nicht so einfach schwarz-weiß gemalt werden kann.
    Genau wie im Beispiel habe auch ich das Problem, Kritik schnell persönlich zu nehmen. (Und dann heiße ich auch noch Stefan… ;))
    Das mag in manchen Situationen eine Schwäche sein, zugrunde liegt aber der Gedanke: „Habe ich tatsächlich etwas falsch gemacht?“
    Und dieser Gedanke ist in sehr vielen Situationen eine Stärke.

    Vielen Dank dass Sie das Thema aufgegriffen haben, es begegnet einem wirklich Tag für Tag!

    Herzliche Grüße
    Stefan

  5. Bigg

    Sie sagen aus ,dass man zur Selbstfindung , selbstbewusst, Selbstvertrauen manchmal vertrautraute Menschen braucht , die einem helfen und das verhalten spiegeln und erklären . nur was macht man wenn man keine vertrauten Menschen im Umfeld hat ???oder es einem nicht spiegeln können oder wollen ,dann ist man allein auf weiter Flur !!! Und Hilfe ist keine da !!!!? Und dann ??????

    • vk.admin

      Das ist nicht soooo schwer. Man schasfft sich einfach so ein Umfeld oder man geht z.B. auf ein Seminar, lernt Gleichgesinnte kennen und und tauschst sich mit diesen Personen aus.

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